Einheimische Reptilien in Österreich
Dienstag, 2. Oktober 2018
Auch in diesem Sommer wurde Wien wieder Mal von einer Schlangenplage heimgesucht. Etwa zur gleichen Zeit wie eigentlich jedes Jahr und zwar genau dann, wenn die Sommerpause keine politischen oder sportlichen Ereignisse bietet und der Tagespresse langsam aber sicher die Schlagzeilen ausgehen.
Als Tiermediziner freut man sich sicherlich mehr oder weniger auf eines dieser einheimischen Wildtiere zu stoßen. Wirklich interessant wird es allerdings erst dann, wenn man weiß was man beobachtet!
Insgesamt kommen in Österreich 6 verschiedene Schlangenarten vor. Vier davon gehören zur Familie der ungiftigen Nattern. Ihr schlanker Körper ist mit verhältnismäßig großen Schuppen bedeckt und anhand ihrer großen runden Pupillen lassen sie sich ohne weiteres von den zwei Giftschlangenarten in Österreich unterscheiden.
Furchtbare Schlangenplage in Wien?
Die Wiesenotter (Vipera ursinii) wurde zuletzt in den 1973 im Burgenland gefunden und gilt seitdem in unseren Gegenden für ausgestorben. Aus diesem Grund gehe ich in diesem Artikel nicht weiter auf diese Art ein.
Unsere einheimischen Giftschlangen gehören beide der Familie der Vipern an und zeichnen sich somit durch einen gedrungenen Körper und einen dreieckigen, vom Hals abgesetzten Kopf aus. Die senkrechte Schlitzpupille lässt zumindest unsere einheimischen Arten eindeutig als Giftschlangen identifizieren. Ihre Gifte wirken vorwiegend hämotoxisch und sind somit gewebszerstörend, besitzen allerdings auch einen unterschiedlich hohen Anteil an neurotoxischen Komponenten. Vipern sind scheue Fluchttiere, die in der Regel erst dann zubeißen, wenn ein unaufmerksamer Wanderer auf sie drauf steigt. Zudem sind Bissunfälle für uns Menschen in der Regel nicht lebensbedrohlich. Dennoch sollte man immer auf Nummer sicher gehen und vorsichtshalber einen Arzt aufsuchen.
Die Kreuzotter (Vipera berus) ist in ganz Österreich verbreitet. Man begegnet ihr allerdings am häufigsten während ihrer ausgiebigen Sonnenbäder in den westlichen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg.
Sie hat ein auffälliges, dunkles Zickzackband auf der Rückenmitte und helle Schuppen am Kopf. Ihre Grundfarbe kann dabei von hellgrau bis rötlich variieren. Es gibt sogar Populationen mit melanistischen, also völlig schwarzen Tieren. Die Kreuzotter trägt eine V- oder X-förmige Zeichnung auf der hinteren Kopfoberseite.
Die Hornotter (Vipera ammodytes) hingegen ist vorwiegend in Kärnten und in der Steiermark nahe der Grenze zu Slowenien beheimatet. Rezente Fundmeldungen lassen vermuten, dass in Osttirol kleine Populationen vorkommen. Die Grundfärbung variiert recht stark. Das Zickzackmuster, das die Tiere auf dem Rücken tragen ist bei den männlichen Tieren kontrastreicher und ausgeprägter als bei Weibchen. Das deutlichste Bestimmungsmerkmal ist ihr namensgebendes „Hörnchen“, das die Tiere auf der Nase tragen.
Die Ringelnatter (Natrix natrix) gehört sicherlich zu den am meist verbreiteten Schlangen in ganz Österreich. Als typische Wasserschlange erstreckt sich ihr Lebensraum rund um Gewässer, wo sie einen sicheren Nahrungszugang zu Fischen und Fröschen hat. Seitlich am Hinterkopf befindet sich jeweils ein markanter, halbmondförmiger, gelber Fleck, der die Tiere unverkennbar macht. Als Schutzmechanismus können sich Ringelnattern bei Gefahr totstellen, indem sie sich auf den Rücken drehen, das Maul öffnen und zugleich ein übel riechendes Drüsensekret absondern.
Die Würfelnatter (Natrix tessellata) gehört ebenso zu den Wasserschlangen und teilt sich ihren Lebensraum oftmals mit der Ringelnatter. Im Gegensatz zur Ringelnatter ist die Würfelnatter wirklich sehr an Wasser gebunden und eigentlich nur selten weiter entfert von Gewässern anzutreffen. Beide Schlangenarten haben ein stark gekieltes Schuppenkleid. Natrix tessellata ist durch eine würfelartige Zeichnung gekennzeichnet. Ihr leicht gedrungener Körperbau und breiter Kopf kann auf den ersten Blick zu einer Verwechslung mit einer Viper führen. Die runden Pupillen können etwaige Zweifel jedoch schnell beheben.
Die Schlingnatter (Coronella austriaca), auch Glattnatter genannt, kommt relativ häufig in ganz Österreich vor. Sie hat eine bräunliche Grundfarbe, die an der Rückenmitte von dunklen Querstreifen geschmückt wird. An den Seiten des Kopfes befindet sich je ein charakteristischer dunkelbrauner Streifen, der vom Nasenloch über das Auge bis zum Mundwinkel verläuft. Auf der Kopfoberseite fällt eine herz- bzw. hufeisenförmige „Krone“ auf, die sich in zwei Längstreifen über den Rücken fortsetzen kann. Im Gegensatz zu der Ringel- und der Würfelnatter sind die Schuppen der Glattnatter nicht gekielt.
Die Äskulapnatter (Zamenis longissimus) ist mit einer Länge von über 1,5 Metern mit Abstand die größte Schlangenart Österreichs. Ihr Verbreitungsgebiet konzentriert sich auf den Osten und den Süden des Landes. Rund um den Tiergarten Schönbrunn ist diese Schlangenart recht oft anzutreffen. Sie hat eine oliv-bräunliche Grundfarbe mit einer hellen, meist gelblichen Bauchseite. Ein großer, verwaschener gelber Fleck seitlich hinter dem Kopf macht sie unverkennbar.
Jungtiere der Äskulapnatter besitzen eine viel hellere Grundfarbe und sind kontrastreich gefleckt. Der bereits deutlich erkennbare gelbe Fleck seitlich hinter dem Kopf kann allerdings zur Verwechslung mit der Ringelnatter (Natrix natrix) führen.
Die Blindschleiche (Anguis fragilis) wird fälschlicherweise immer wieder als Schlange bezeichnet. Es handelt sich dabei allerdings um eine beinlose Echse mit beweglichen Augenliedern. Wie üblich in der Welt der Eidechsen, ist auch die Blindschleiche zur Autotomie fähig. Indem sie ihren Schwanz an einer dafür vorgesehenen Sollbruchstelle abwirft, kann sie ihren Fressfeind ablenken und mit etwas Glück flüchten.
Kaum eine Tierart übt mehr Faszination auf uns Menschen aus als Schlangen. Sie werden geliebt, gehasst, gefürchtet und geehrt. Sie sind sicherlich nicht jedermanns Sache und trotzdem besiedeln sie unseren Planeten seit über 150 Millionen Jahren und stellen seitdem einen festen Bestandteil unserer heimischen Fauna und tragen zu einem ökologischen Gleichgewicht bei. Es wäre schade, wenn sie aufgrund mangelnden Wissens und aus überwiegender Angst uns Menschen nicht überleben würden.
Die Äskulapnatter bevorzugt recht trockene, sonnenexponierte Hanglagen oder Waldränder. Als aktiver Kletterer ist sie regelmäßig im Gebüsch anzutreffen und imponiert mit weit aufgerissenem Maul und zischenden Drohgebärden. Diese ungiftige Natter ist jedoch in keinster Weise gefährlich für uns oder unsere vierbeinigen Begleiter.
Als regelrechter Sonnenanbeter kommt die Würfelnatter gehäuft in den südlichen Bundesländer Kärnten und Steiermark vor. Sie ist sehr selten geworden und sicherlich eine spektakuläre Begegnung für jeden Schlangenliebhaber.
Kreuzotter (Vipera berus)
Hornotter (Vipera ammodytes)
Ringelnatter (Natrix natrix)
Würfelnatter (Natrix tessellata)
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Umweltbundesamt - Quelle: Verbreitungsatlas Österreich
Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Markus Oulehla
Markus Oulehla